Die prämierten Entwürfe

Am offenen internationalen Wettbewerb für das neue Postareal beteiligten sich 45 Architekturbüros aus Deutschland und dem Ausland. Die teilnehmenden Büros waren aufgefordert, kreative Ideen zu erarbeiten und zugleich die Ergebnisse aus der Beteiligungsphase zu berücksichtigen. Auch die Tatsache, dass das Postareal ein offizielles IBA’27-Projekt ist, galt es zu beachten.

Als Sieger des Wettbewerbes gingen die Büros Gutiérrez – De la Fuente Arquitectos SLP Madrid // UTA Architekten und Stadtplaner GmbH Stuttgart  hervor. Alle prämierten Entwürfe finden Sie unten dargestellt. Hier können Sie auch die Präsentation des Wettbewerbergebnisses einsehen. Sollten Sie weitergehende Fragen zum Wettbewerb haben, wenden Sie sich bitte an E-Mail: postareal@bbg-boeblingen.de

Präsentation der Wettbewerbergebnisse

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⭐1. Preis

Büros Gutiérrez – De la Fuente Arquitectos SLP Madrid // UTA Architekten und Stadtplaner GmbH Stuttgart

Der Siegerentwurf sieht drei Baukörper auf dem Areal vor. Diese sind unterschiedlich dimensioniert, wobei als Tor zur Stadt zum Bahnhof hin ein 20-geschossiger Hochpunkt einen deutlichen Akzent setzt. Neue Verbindungen lassen das Areal offen und durchlässig erscheinen, zudem sind zahlreiche Grünflächen vorgesehen. Zum Bahnhof hin wird ein großzügiger Platz mit einem „Wäldchen“ sowie „Wasserspielen“ vorgeschlagen. Zudem ist zu jedem der drei Gebäude ein Gemeinschaftsgarten vorgesehen. Angedacht sind verschiedene Wohnformen und gemeinschaftlich nutzbare Räume. So schlägt der Entwurf vielfältige Räume für unterschiedliche Wohnbedürfnisse und Arbeits- und Lebensformen im Areal vor. Dort finden sich u.a. Clusterwohnungen, temporäres Wohnen, Einheiten für Familien sowie Wohngemeinschaften für jedes Alter.

Der Entwurf schlägt einige wichtige Aspekte für eine nachhaltige Bauweise vor. So könnten einzelne Bauelemente und der Beton des heutigen Postgebäudes möglichst recycelt werden. Der Recyclingbeton sorgt schon beim Bau für eine Verbesserung der Klimabilanz des Gebäudes. Zudem sollen die Gebäude im Wesentlichen aus Holz bestehen.

Wie üblich gab die Jury einige Empfehlungen für die Weiterbearbeitung. So soll das Nutzungskonzept im Erdgeschoss überarbeitet und die gemeinschaftliche Nutzung auf dem Dach auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Dies war vor allem den Bürgervertreterinnen ein Anliegen, da sich die Bürgerschaft in der ersten Beteiligungsphase für einen öffentlich zugänglichen Aussichtspunkt ausgesprochen hatte.

2. Preis

hdg Architekten BDA, Henninger und Lachenmann Partnerschaft mbB, Bad Kreuznach mit Architekturbüro Podehl, Boppard mit bauchplan landschaftsarchitekten und stadtplaner part mbb, München

Drei Baukörper unterschiedlicher Höhe werden gedreht auf dem Areal geplant. Dabei wird Bezug auf umliegende Straßen- und Gebäudekanten genommen. Ein viertes Bauteil dockt direkt am bestehenden Nachbargebäude an. Ein Hochpunkt wird orthogonal zur Bahnhofstraße an die nordöstliche Ecke platziert: Durch die Drehung weitet sich die Bahnhofstraße an ihrem Ende korrespondierend mit der Fassaden-Öffnung der Mercaden auf und schafft ein Entree vom Bahnhof kommend. Die anderen gleichhohen Baukörper nehmen die Straßenfluchten und den Busbahnhof auf. Ein umlaufender sog. Skywalk auf dem 5. Obergeschoss hat zu den verschiedenen Seiten des Areals stadtgestaltende und zusammenbindende Wirkung.

Die Erdgeschosse sehen flexible Nutzungen vor, die Wände sind veränderbar, wodurch eine zukunftsfähige Nutzbarkeit gegeben ist. Das Hochhaus weist mit Mischnutzungen in den Obergeschossen mit unterschiedlichen Wohnformen und flexibel gestalteten Wohnungen auf.

Das Preisgericht würdigt den Beitrag, der durch seine Positionierung den Stadtraum positiv ergänzt und durch seine Bauweise einen Beitrag zur Nachhaltigkeit und zur Klimaanpassung leistet. Das Preisgericht interpretiert den Skywalk als einen Versuch die Gebäude städtebaulich zusammenzubinden, ob dies gelungen ist, wird kontrovers diskutiert. Die Notwendigkeit des Gemeinschaftsgedankens sollte hier deutlicher in Erscheinung treten.

3. Preis

SUPER WIEN URBANISM ZT GmbH, Wien

Der Entwurf nimmt durch die zwei Neubauten die Geometrien am Ort auf und interpretiert diese neu. Die städtebauliche Setzung fügt sich in die Umgebung ein, sorgt für klare Raumkanten hin zur Stadt und schafft einen reizvollen Außenraum. Dieser neue Platzbereich wird großzügig an die Bahnhofstraße angebunden und sorgt für eine entspannte Durchwegung. Die fußläufige Erschließung lassen gute Aufenthalts- und Nutzungsmöglichkeiten erwarten. Für zusätzliche Belebung des Platzes trägt ein Café bei. Seine bauliche Dimension und funktionale Ausarbeitung werfen allerdings noch Fragen auf. Die Neubauten werden konsequent über die Talstraße, Karlstraße und Bahnhofstraße und über den Platz erschlossen. Dies sorgt für eine gute Orientierung und klare Adressbildungen. Die Erdgeschoßzonen werden für Gewerbe, Arbeiten und Kultur genutzt. Im nördlichen Gebäudekomplex sind in den Obergeschossen Wohnebenen vorgesehen. Art und Struktur der Grundrisse können nur in Teilen überzeugen. Im kleineren Gebäude folgen in den Obergeschossen Mikroappartements. Diese Grundrisse sind sehr kleinteilig. Die vorgeschlagene Nutzung wird kritisch diskutiert. Die konstruktive Lösung und die Materialität erscheinen angemessen, wenngleich die Ausbildung der Hybridkonstruktion als komplex und aufwendig erachtet wird. Es handelt sich um eine i gute Arbeit. Der Mehrwert liegt in der Qualität des zentralen „gemeinsamen Platzbereiches“ als Kommunikationsmittelpunkt für ein lebendiges Stadtleben.

Anerkennung

studio 2020 Matzat Henkel GbR, Berlin

Die Arbeit zitiert verschiedene Bauformen der Moderne und platziert fünf unterschiedliche Baukörper zu einem hochverdichteten, meist 5-geschossigen Stadtquartier.

Ein Hochhaus überragt die städtebauliche Situation gegenüber des Bahnhofes mit 61m. Das Ensemble wirkt unterschiedlich, erzeugt eine Strategie der städtischen Dichte und baut "Haus-Persönlichkeiten", die die Stadt ablesbar und sympathisch machen.

Positiv ist die Ausbildung einer Platzsituation zwischen Hochhaus und Mercaden zu werten. Schmale Durchgänge führen zu einem Innenhof und vermitteln eher den Charakter von Enge und Gemeinschaft. Die Gasse der Handwerker-Ateliers unterstreicht diesen Eindruck. Die Nutzungen der Erdgeschosszone mit Co-Working-Spaces, Fahrradwerkstatt, Bücherei und Quartierszentrum unterstützen den kleinteiligen Charakter dieses Entwurfs und beleben auch den zentral gelegenen kleinen Innenhof, der auch öffentlich zugänglich ist.

Kontrovers diskutiert wurde die Frage der sozialen Kontrolle in den Abend- und Nachtstunden dieser doch unübersichtlichen Bereiche.

Das Wohnen im Erdgeschoss zur Karlstraße wird als nicht sinnvoll eingestuft. Die Grundrisse der mit Sheddächern versehenen Wohnzeile sind als Splitlevel nicht barrierefrei.

Anerkennung

STEINHOFF | HAEHNEL Architekten GmbH, Stuttgart

Das Projekt bildet eine Blockrandbebauung mit Fassaden entlang der Tal-, der Bahnhofs- und der Karlstraße. Im Erdgeschoss liegen großflächig öffentliche Nutzungen. Die bis zu 30 Meter tiefen Grundrisse sind flexibel nutzbar, werfen aber Fragen bezüglich Organisation, Zugänglichkeit und Belichtung auf. Je zwei schmale Durchgänge erschließen die «Grüne Mitte» und den «Quartiersplatz». Darüber türmt sich ein streng gerastertes, modulares System städtebaulich schlüssig zu einem 17-geschossigen Hochpunkt an der Nordostecke. Die beiden tiefen Flügel an der Karl- und der Bahnhofstraße belichten und erschließen räumlich komplexe Atrien in der Mittelzone. Dies führt zu einer einseitigen Orientierung der meisten Wohnungen. Die reiche Terrassenlandschaft verspricht großzügige private Außenräume. Im sechsten Obergeschoss des Hochpunkts befindet sich ein Restaurant, im 15. eine Skybar. Die Zugänge zu diesen öffentlichen Räumen werfen Fragen bezüglich der Störung und Sicherheit der Wohn- und Büronutzungen am gleichen Erschließungsstrang auf.

Die als modularer Holzbau gedachte Struktur mit ihren Vor- und Rücksprüngen bis zur Hochhaushöhe wirft konstruktive und brandschutztechnische Fragen auf. Die versprochene Eleganz und Effizienz dieses Bausystems dürften in der Umsetzung auf erhebliche Probleme stoßen. Die enormen Gebäudetiefen in den unteren Geschossen senken den Wohnanteil unter den erwünschten Anteil. Die verspielte und städtebaulich nachvollziehbare Setzung wirft bei näherer Betrachtung Fragen bezüglich technischer Machbarkeit und der Qualität der erzeugten Nutzflächen auf. Für die Hausgemeinschaft fehlen plausible Orte der Begegnung.